Menschen auf der Flucht – und was können wir tun?

von Thomas Wächter

„Wir müssen kompetent sein!“

Zu den aktuell sichtbarsten Zeichen der Zeit gehören zweifelsohne die riesigen Flüchtlingsströme. Dies war für Dr. Stefan Keznickl – ehemaliger Asylrichter und Schönstätter – der konkrete Anlass, dazu den Themenabend „Menschen auf der Flucht – und was können wir tun?“ am 15. Oktober 2015 im Schönstattzentrum am Kahlenberg zu gestalten.

Fakten und Impulse zu diesem Thema weiter zu geben ist ein Herzensanliegen des Juristen. Denn, so seine Überzeugung: Ob die Veränderungen, die die Flüchtlinge v.a. für Europa mit sich bringen, positiv bewältigt werden können, hängt in erster Linie von unserer Kompetenz im Umgang damit ab. Die neue Situation könnte laut Dr. Keznickl sogar eines der großen Probleme der gegenwärtigen Menschheit sein. Wir werden „viel Kraft, Anstrengung und Ideen“ benötigen, um die Herausforderungen zu meistern. Dies hat vielschichtige und vielfältige Gründe, die nur ansatzweise an einem kurzen Vortragsabend genannt werden können, z.B.:

  • Die Traumatisierung vieler Flüchtlinge durch persönliche Kriegserlebnisse.
  • Falschinformationen und Unwissenheit über die Länder, die sich die Flüchtlinge als Ziel wählen.
  • Das gigantische Schlepperwesen, das die Fluchtwelle überhaupt ermöglicht.
  • Zum Teil erhebliche Bildungsunterschiede
  • Völlig verschiedene kulturelle Prägungen (Frauenbild, Blutrache, Politik/Staatsform und Religion, Umgang mit Wahrheit)

Aus eigener Erfahrung als ehemaliger Asylrichter für das Herkunftsland Afghanistan und als Schönstätter, der sich mit den Zeichen der Zeit befasst, nannte er im ersten Teil des Abends viele persönliche Beispiele aus seinem beruflichen und privaten Umfeld, konnte aber auch Zahlen und Statistiken präsentieren, die er sich erlesen und zusammen gesucht hat.

Politik und Justiz

Jeder Staat hat eigentlich Schutzpflichten für seine Bürger. Kann er diese nicht mehr gewähren, geht die Pflicht auf andere Staaten über. Laut Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 gilt: „Flüchtling ist, wer sich fürchtet aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden.“

Man unterscheidet „Asyl“ (anerkannter Flüchtling) und „subsidiären Schutz“ (de facto ähnlich, jedoch kein Verfolgungsgrund).

In Österreich, das völkerrechtlich dazu verpflichtet ist, bei jedem Asylantrag ein Verfahren durchzuführen, ist aktuell mit einer Bearbeitungszeit von zwei bis drei Jahren zu rechnen.

„Der Islam“ – Integration

Innerhalb des Islam gibt es viele Veränderungen. Muslime ändern in säkularen Gesellschaften ihr Verhalten, es gibt innerhalb der Glaubensgemeinschaft und teilweise innerfamiliäre Konflikte zu den Themenbereichen Stellung von Frau und Mann, Demokratie usw.

Wie kann man einer „muslimischen Ghettobildung“ in den Ankunftsländern entgegen wirken? Werden Männer lernen zu akzeptieren, dass Frauen in Europa eine andere Stellung haben als in ihren Herkunftsländern? Wie werden sich die überwiegend muslimischen Flüchtlinge in unsere abendländisch geprägten Kulturen integrieren (lassen)?

Flüchtlings-Kompetenz und Kentenich-Kompetenz

Diese Frage nach gelingender Integration stellt für Dr. Keznickl „das Um und Auf“ dar. Deshalb gilt: Je größer der eigene Wissensschatz ist, desto mehr hilft das für die Integration – weil wir dadurch eigene Angst abbauen und den uns Fremden anders begegnen können.

Auf dem Hintergrund der Frage „Was kann ich tun?“ haben die Vortragsteilnehmer im zweiten Teil des Abends in drei Kleingruppen ausgewählte Texte von Pater Kentenich gelesen und sich darüber ausgetauscht. Das Gelesene wurde dabei mit eigenen Fragen, Erfahrungen, Handlungsansätzen und -vorsätzen verknüpft, die inhaltlichen Schwerpunkte der jeweiligen Kleingruppe wurden abschließend dem Plenum vorgestellt.

Trost und Vertrauen schenken kann ein Wort von Pater Kentenich, das auch für die Herausforderungen unserer Zeit gültig ist:
Es muss eine herrliche Welt sein, die Gott aus diesem Chaos erstehen lassen will, es muss eine wundervolle Ordnung sein, die er aus den Katastrophen neu gestalten will.

Für alle, die den Themenabend „Menschen auf der Flucht – und was können wir tun?“ am 15. Oktober versäumt haben, gibt es eine zweite Möglichkeit.

Von Susanne Leibrecht

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